Nun habe ich gerade keinen riesigen Wald vor meinem Haus, in dem ich das mal durchspielen kann. Aber ein kleiner Wald tut es auch.
_Szenario: Auf einer mehrtägigen Tour kommt es beim Überqueren eines schnell fliessenden Gewässers zu einem Sturz bei dem ich meinen Rucksack ausziehen muss um nicht zu ertrinken. Der Bach zieht meinen Rucksack mit und ich stehe nass und ohne meine Ausrüstung da. Beim Sturz verletze ich mich am Arm. Nicht schlimm aber es blutet und muss versorgt werden. Mein Notfallkit ist an meinem Gürtel. Der Inhalt entspricht in etwa dem im vorigen Artikel (Ssurvival I: Theorie) beschriebenen. Wie geht es weiter?
Erwähnen möchte ich, dass es Sommer ist und das Wetter ist sehr gut und recht warm. Das erleichtert natürlich das Ganze. Bei schlechtem Wetter und / oder kalten Temperaturen wird alles natürlich viel anspruchsvoller. Zudem ist alles was ich über «Feuer machen» schreibe fiktiv. Es ist nämlich zur Zeit meines Selbstversuches verboten Feuer zu machen. Das Feuer habe ich auch echt vermisst. Sehr schade, aber ich will natürlich nicht den Wald abfackeln! Auch die Verletzung und der verlorene Rucksack sind natürlich fiktiv. Aber es passt halt einfach zum Szenario. Und ja, meine Kleidung wurde nicht nass!
Bild 1: Überleben im Wald. Was für den Menschen die meiste Zeit seiner Existenz ganz normal war, ist für uns eine Ausnahmesituation geworden!
_Zuerst gehe ich zum Ufer zurück und ziehe mal die meisten nassen Kleider aus. Dann schaue ich mir meine Verletzung an. Es ist ein «Kratzer», aber es blutet stark. Also erste Hilfesachen aus meinem Survival Kit nehmen und die verwundete Stelle reinigen und mit Verband die verletzte Stelle umwickeln, bis die Stelle sauber abgedeckt ist und die Blutung gestoppt ist.
Wegen des kühlen Windes wird mir trotz des guten Wetters kalt. Also die Rettungsdecke auspacken und überwerfen. Das reicht schon fürs erste. Die Kleidung auswringen, an Sträuchern aufhängen und trocknen lassen.
Bild 2: Eine sehr einfache Notunterkunft. Diese sollte noch besser abgedichtet werden und ist für kalte Tage schon fast zu gross.
Nun kommt die STOP Regel aus dem Artikel Survival Theorie zum Einsatz. Daraus kommt mein erster Plan. Kleidung trocknen, Ausrüstung suchen, Unterkühlung vermeiden und Wasser. Sehr wichtig ist es auch zur Ruhe zu kommen und nicht in Panik zu verfallen. Auch wichtig. Wie lange habe ich noch Tageslicht? In unbekanntem Gelände ist es nachts recht gefährlich.
Meine Unterwäsche ist aus leichter, dünner Wolle. Die ist schnell trocken und auch im feuchten zustand gibt diese schon warm. Also ziehe ich diese wieder an. Den Rest lasse ich noch trocknen. Dann gehe ich dem Bach entlang und versuche noch etwas von meiner Ausrüstung zu finden. Leider ist die Suche vergebens. Ich komme mit leeren Händen zurück.
Bild 3: Ein Gerüst für eine Notunterkunft. Natürlich braucht es noch mehr Holz, Laub und auch Äste von Nadelbäumen. Wie kleiner, wie einfacher diese innen warm zu bekommen. Der Boden muss natürlich auch noch mit trockenem Material isoliert werden.
Mein nächster Punkt ist mich vor Unterkühlung zu schützen. Das ist gerade kein Problem. Aber nachts sieht das evtl. anders aus und dann ist es zu spät. Also eine Unterkunft muss her. Ein «debris hut» ist da eine gute Variante, wie sie auch in vielen Survival Kursen gelehrt wird. Ich persönlich mache mir aber eine sehr einfache Hütte die mich vor Wind und Regen schützen soll. Dann den Boden gut isolieren mit Laub und kleine Ästen von Nadelbäumen. Nicht die ganze Hütte, aber mein «Bett» zumindest. Dann noch weitere Äste um mich zuzudecken. Die Hütte sollte eher klein sein. Sie soll mich schützen und mehr nicht. Bevor man mit dem Hüttenbau startet einen Blick rund herum. Es darf keine Bäume oder trockene Äste haben die beim nächsten Wind umkippen oder runterfallen. Wasser sollte in der Nähe sein. Ich bin aber lieber etwas weg davon (Mücken und Feuchtigkeit). Warum mache ich keinen «debris hut»? Ganz einfach. Es braucht recht viel Zeit einen solchen zu bauen.
Bild 4: Fallen sind eine Möglichkeit an Essen zu kommen. Es sollten aber eher kleine Tiere gejagt werden. Wie kleiner, desto einfacher. Achtung: Fallenstellen ist in der Schweiz, zu recht, streng verboten. Wird zu Übungszwecken eine erstellt, muss diese sofort wieder entfernt werden.
Das nächste ist Feuer. Hier kommen meine Zündhölzer aus dem Survival Kit zum Einsatz. Zuerst aber Holz sammeln für die nächsten Stunden und auch für die kommende Nacht. Die Feuerstelle gut sichern. Ich will das Feuer nutzen und nicht noch einen Waldbrand verursachen. Ich denke ich habe schon genügend andere Probleme. Dann Feuer machen und auch gleich für genügend Glut sorgen. Hat es genügend Glut, kann man das Feuer mal beiseitelassen und schnell wieder ein Feuer entfachen, wenn nötig. Langsam kommt die Nacht und es ist Zeit den nächsten Tag zu planen und, auch sehr wichtig, mal schauen wo man ist! Da ich meinen Lagerplatz in der Nähe meines Sturzes in den Bach habe, weiss ich in etwa, wo ich bin. In drei Tagen könnte ich mein Ziel erreichen. Vorausgesetzt ich verlaufe mich nicht, was ohne Karte aber durchaus möglich ist. darum werde ich mal hierbleiben. Dann muss ich am nächsten Tag schauen das ich auf mich aufmerksam machen kann. Sonst werde ich nicht gefunden. Dann will ich meine Unterkunft verbessern, Brennholz sammeln und nach Essen suchen. Gut ist das mittlerweile alle Kleider trocken sind. Leider habe ich keine Jacke dabei. Die wäre nachts sehr praktisch. Die Rettungsdecke muss ausreichen oder wenn nötig muss ich das Feuer wieder entfachen.
Bild 5: Die Falle ist fast nicht mehr zu sehen. Auch sollte man sich selber nicht lange bei der Falle aufhalten. Die Tiere kommen sonst wegen des Geschmacks nicht mehr dorthin. Falle unbedingt mehrmals täglich kontrollieren.
Gegessen habe ich noch nichts. Zum Trinken gehe ich immer zum Bach. Das geht recht gut. Ich muss aber aufpassen das ich genügend trinke. Jetzt geht es aber ins «Bett». Schlafen tue ich gut. So um die 5:00 Uhr wird es kühl und ich mache das Feuer an, um mich zu wärmen.
Etwas später wird es schon heller und auch wärmer. Ohne Ablenkung hat man erstaunlich viel Zeit. Die Zeit will ich nutzen um meine Unterkunft zu verbessern, Essen zu suchen und Brennholz zu sammeln. Aber zuerst muss ich einen Weg finden auf mich aufmerksam zu machen. Das mache ich auf einer nahen Lichtung. Mit Steinen und Holz schreibe ich «SOS» auf die Lichtung. So gross, dass es von einem Flugzeug gesehen werden kann. Zusätzlich versuche ich ein Feuer vorzubereiten dass viel Rauch machen soll. Ebenfalls um auf mich aufmerksam machen zu können.
Bild 6: Brennnesseln sind eine gute Möglichkeit an Energie zu gelangen. Zudem gibt es diese in ausreichender Menge und an vielen Orten dieser Erde.
Dann gehe ich Essen suchen. Was ich relativ schnell finde sind wilde Brombeeren (Beeren und Blätter sind essbar), Brennnesseln (die Samen haben viel Energie) und die letzten Erdbeeren. Fischen wäre eine weitere Möglichkeit an energiereichen Nahrung zu kommen. Ich lege mit Würmern bestückte Hacken aus, die ich regelmässig kontrollieren muss.
Hier endet das Szenario. Essen suchen würde wohl die meiste Zeit in Anspruch nehmen. Brennholz suchen geht doch recht schnell. Längerfristig müsste ich mir überlegen entweder an diesem Platz zu bleiben oder weiterzugehen!
Bild 7: Brombeeren sind eine feine Sache. Neben den Beeren sind auch die Blätter essbar. Aber man muss die Blätter natürlich nicht essen.
_Fazit: Natürlich kann man einen solchen „Praxiseinsatz“ nicht mit einer echten Notsituation vergleichen. Nach 24 h ist es vorbei und ich gehen nachhause. In einer richtigen Notsituation ist es aber ganz anders. Die psychische Belastung ist eine ganz andere. Dennoch bringt eine solche Übung etwas für den Ernstfall. Man weiss das es geht und kennt bereits die ersten Schritte. Wertvoll ist auch alles was nicht funktioniert hat. Denn da muss man sich etwas anderes überlegen für den Ernstfall.
Wenn ich draussen übernachte habe ich keine elektronischen Gadgets (ok, manchmal eine Stirnlampe, aber auch nicht immer) dabei. Keine Musik, keine Zigarre, keinen Whisky und kein Bier. Für viele gehört das dazu. Mir reicht das Feuer, die Ruhe und die Einfachheit im Wald. Von daher habe ich keine Probleme. Nichts gegen Gesellschaft, aber auch das muss nicht sein. Nichts gegen einen guten Kaffee oder ein feines Essen, aber wenn das fehlt, dann fehlt es halt.
Hast du auch schon mal so eine Survival-Übung gemacht? Wie bist du vorgegangen und wie hat es sich für dich angefühlt? Schreibe mir doch einen Kommentar. Das würde mich interessieren.
Viel (nachhaltigen) Spass in der Natur,
Urs
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